Ökumene

Ökumene in Trossingen – von den Anfängen bis 2020

von Kolpingmitglied Walter Haas im März 2020

Die Kolpingsfamilie Trossingen unternahm im Jahr 1968 erste Versuche, mit evangelischen Pfarrern ins Gespräch zu kommen mit dem Ziel, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von evangelischer und katholischer Kirche zu entdecken.

In Trossingen fanden wir zunächst noch keinen Gesprächspartner, der zu solchen Treffs bereit gewesen wäre. Deshalb bat ich als damaliger Vorsitzender der Kolpingsfamilie unser ehemaliges Mitglied Erwin Teufel, der inzwischen Bürgermeister von Spaichingen war, um seine Vermittlung. Erwin Teufel kannte den Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Spaichingen, Herrn Pfarrer Ernst, als für ökumenische Fragen offenen Geistlichen und bat ihn mit Schreiben vom 8.1.1968 um einen Vortrag bei der Kolpingsfamilie.

Der erste Abend mit ökumenischem Hintergrund fand dann statt am 5. März 1968 im Gemeindesaal unter dem Kindergarten St. Josef.

Thema: „Möglichkeiten zur Annäherung der evangelischen und katholischen Kirche.“

Die Veranstaltungen mit Pfarrer Ernst dehnten sich zu einer Reihe mit insgesamt 4 Begegnungen aus. Es ging dabei immer um Fragen des Glaubens, über Trennendes und Vereinendes.

Inzwischen kam in die evangelische Kirchengemeinde Trossingen ein neuer Pfarrer auf die 2. Pfarrstelle. Es war Pfarrer Hermann Schlecht. Pfarrer Ernst verließ im Jahr 1969 seine Pfarrei in Spaichingen und wir fragten bei Pfarrer Schlecht an, ob er mit uns Kolpingmitgliedern die ökumenischen Gespräche weiterführen würde. Dies sagte er zu und wir trafen uns mehrmals im Nebenzimmer des Café Renn. Pfarrer Schlecht kam allmählich im Rahmen dieser Gespräche in politische Diskussionen ab, was nicht in unserem Sinne war. Deshalb beendeten wir diesen Kontakt. Aber die Kolpingsfamilie war inzwischen von dem ökumenischen Gedanken so angetan, dass ein weiterer Schritt folgen sollte.

Nach einstimmigem Vorstandsbeschluss richtetet die Kolpingsfamilie an den Pfarrgemeinderat der Theresiengemeinde mit Schreiben vom 13. März 1970 den Antrag, mit dem Kirchengemeinderat der evangelischen Gemeinde Kontakt auf zunehmen mit dem Ziel, einen oder mehrere ökumenische Gottesdienste vorzubereiten. Wir schlugen gleich ganz konkret vor, dafür einen Werktagabend in der Woche vor Pfingsten vorzusehen.

Unser Antrag fand im erstmals konstituierten Pfarrgemeinderat offene Ohren und es kam zu einem gemeinsamen Vorbereitungsteam beider Kirchengemeinden.

 

Der erste ökumenische Gottesdienst nach der Reformation fand dann am Donnerstag vor dem Pfingstfest 1970, also am 14. Mai 1970 in der Martin-Luther-Kirche statt. Prediger war der kath. Pfarrer Anton Deininger. Die Pfarrer der evangelischen Gemeinde waren: Hermann Lachenmaier und Hermann Schlecht. Der Gottesdienst stand unter dem Thema: „Wir sind Gottes Mitarbeiter“. In einem gemeinsamen Schreiben der Pfarrer Lachenmaier, Schlecht, Deininger und Diakon Kopp wurden die Christen der Stadt zu dem Gottesdienst eingeladen.

Aus den Anfängen der Ökumene entstanden der „Ökumenische Hauptamtlichen Treff“(ÖHAT), später geändert in „CHT“ (christl. Hauptamtlicher Treff), ökumenische Gesprächsabende in angenehmer Atmosphäre im Lebenshaus, ökumenische Bibelabende, ein Sachausschuss für Ökumene (1992), erstes Zusammensein von Kirchengemeinderäten der evang. und kath. Gemeinden im März 1992. Baptisten, Methodisten stoßen in den ökum. Gesprächskreis dazu. Ebenfalls im Jahr 1992 befasste sich der Sachausschuss für Ökumene mit der Frage der Gründung einer „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK)“ auch in Trossingen.

Ab 1993 gab es einen gewissen Stillstand in ökumenischen Begegnungen. Grund: Insbesondere der damalige evangelische Pfarrer F. Schwarz hatte eine andere Auslegung des Begriffs „Ökumene“ in seinem Blick, als dies auf kath. Seite der Fall war. Er vermutete, dass die kath. Seite unter diesem Begriff beabsichtige, ihre Kirche als die einzig wahre anzusehen und andere Kirchen wieder „auf den rechten Weg“ zurückbringen wolle. Dieses Misstrauen musste zunächst von kath. Seite ausgeräumt werden, was insbesondere der damalige Pfarrer Thomas Krieg versuchte, offenbar mit Erfolg.

Schließlich war es auch Pfarrer Thomas Krieg, der mit Schreiben vom 14. Juni 1996 an den evangelischen Kirchengemeinderat z.Hd. von Pfarrer Schwarz darum bat, den ökumenischen Gesprächskreis wieder ins Leben zu rufen. Und er ging noch einen Schritt weiter:„Deshalb würde ich mich freuen, wenn in Trossingen die ökumenische Arbeit fundiert und zielgerichtet wäre; konkret könnte ich mir vorstellen, dass auch hier in Trossingen eine „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen“ (ACK) entstehen würde.“ Mit Schreiben vom 20.7.1996 beantwortete Pfarrer Schwarz die Anregung von Pfarrer Krieg, und zwar, nach Behandlung in seinem Kirchengemeinderat, überwiegend positiv!

Anlässlich der Trossinger 1200-Jahr-Feiern begingen die Trossinger Christen am 20. Juli 1997 den ersten

Ökumenischen Rathausplatzgottesdienst
Thema: Suchet der Stadt Bestes

Und dann folgte schon am 2. Dezember 1997 die Gründung der „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen“ (ACK) in der Pauluskirche der Methodistengemeinde.

Die Mitgliedsgemeinden bei der Gründung der ACK:

Evangelische Kirchengemeinde

Katholische Kirchengemeinde

Evangelisch-Methodistische Gemeinde

Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptisten)

In einem feierlichen Akt unterschrieben die Delegierten der Mitgliedsgemeinden die Satzung der ACK.

Dies waren:
Evangelische Gemeinde: Pfarrer Gotthilf Stein, Rita Buggle-Fink, Dr. Adelheid Hoffmann-Kuhnt.
Katholische Gemeinde: Pfarrer Thomas Krieg, Walter Haas, Edith Willhalm
Evangelisch-Methodistische Gemeinde: Pastor Helmut Knödler, Elke Lachenmaier
Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptisten): Pastor Harald Teutsch, Helmut Schön.

Zur Vorsitzenden wurde Frau Dr. Hoffmann-Kuhnt gewählt.

Nun war die Basis geschaffen, auf dem Weg der Ökumene vielfältige Angebote des Sich-Kennenlernens und Verstehens dauerhaft einzurichten.

Heute, im Jahr 2020, dürfen wir dankbar zurückblicken auf 50 Jahre öffentlich erkennbare Schritte der Ökumene in unserer Stadt. Die ACK ist auch nach 23 Jahren eine lebendige Institution als Träger ökumenischer Angebote. Sie hat sich erweitert um die „Christuskirche“ und die „Rumänisch Orthodoxe Gemeinde“ sowie als Gast um die „Gemeinde Gottes“ (Linsenboldstraße).

Die Einheit in Verschiedenheit ist wohl nach wie vor in weiter Ferne. Aber die Vielfalt im einhelligen Glauben an Jesus Christus und den einen Gott wolle die Bemühungen der Ökumene in Trossingen auch in Zukunft bereichern!